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Gebet der Verbundenheit

Nach Golgatha - um der Hoffnung willen


Dienstag, 24. März 2020, 19.00 Uhr

Liturgie für eine Abendandacht zu Hause

Mit einer Kerze im Fenster erleuchten wir die Nacht - Christus ist das Licht der Welt -


er bringt Heiligkeit in jegliche Finsternis

 
Guten Abend liebe Mitbetende
 
Die Zahlen der am Covid-19 erkrankten Menschen in unserem Land, aber auch in der ganzen Welt erschrecken. Jeden Tag sind es mehr. Jeden Tag müssen Angehörige ihre Lieben loslassen, ohne sich richtig verabschieden zu können. Jeden Tag werden wir uns unserer eigenen Zerbrechlichkeit bewusst.
 
Wie gehen wir damit um? Eine Freundin hat mir geschrieben, dass ihr Sohn sich nach wie vor mit Kollegen trifft, er will sich nicht «einsperren» lassen. Seine Reaktion ist die Flucht und «Vogelstrauss Politik» vor der Gefahr und er nimmt damit in Kauf, dass seine Mutter sich grosse Sorgen wegen einer Ansteckung macht. Eine Mutter, die sich um den verwitweten Vater kümmert.
 
Mein erstes Gefühl als ich dies gelesen hatte, war Ärger. Wie kann man nur so verantwortungslos und rücksichtslos sein. Ja, wie kann man gegenüber der eigenen Mutter und dem Grossvater so lieblos sein! Doch nach einiger Zeit habe ich Mitleid mit diesem jungen Mann empfunden. Mitleid, dass er seiner Angst nicht begegnen kann, sondern vor ihr flieht. Mitleid, weil er sich in dieser weltweiten Not nicht irgendwo festhalten kann.
 
Im Psalm 23 steht geschrieben: «Dein Stecken und Stab trösten mich». Ich darf mich an diesem Stab – am Kreuz Christi – festhalten. Dieses Kreuz, auf das wir in der Passionszeit zugehen, sagt uns klar: «Du bist nicht allein». Gott ist anwesend. ER nimmt die Last nicht ab, aber stärkt unsere Schultern. Wir haben ein Gegenüber, dem wir unsere Angst und Not klagen dürfen, wenn wir mit der Situation überfordert sind. Das Kreuz ist ein starkes Plus in der jetzigen Situation, das uns aufrichten kann!


In diesem Sinne lade ich Sie ein – liebe Leserin und Leser – mit mir diesen Moment der Andacht zu feiern.  Gemeinsam wollen wir unsere Stimme erheben und vor Gott all die Menschen bringen, die krank oder gar sterbend sind, die alleine und einsam sind, die sich Tag und Nacht abmühen um Linderung zu schaffen, die bemüht sind so viel Normalität wie möglich ihren Kindern und Angehörigen zu bieten, die an den Kassen der Lebensmittelläden, im Sozialwesen, in den Apotheken und in den Spitälern arbeiten.
 
Wir wollen aber auf für die Menschen bitten, die den Ernst der Lage noch nicht verstanden haben und für diejenigen, die die Angst zu ihren Zwecken ausnützen. Und wir wollen für uns beten und uns am Kreuz Christi festhalten.
 
Mit herzlichem Gruss, Ihre Pfrn. Nadine Hassler Bütschi

Wir zünden ein Licht an und sprechen oder singen:


"Im Dunkel unsrer Nacht
entzünde das Feuer,
das niemals verlöscht,
das niemals verlöscht."

(M & S: Jacques Berthier, Taizé, 1993)

Bibellektüre aus Philipperbrief 2, 5-11


(Gott schickte seinen Sohn in unsere Not, um uns tragen zu helfen.)

5 Habt im Umgang miteinander stets vor Augen, was für einen Maßstab Jesus Christus gesetzt hat:
6 Er war in allem Gott gleich,
und doch hielt er nicht gierig daran fest,
so wie Gott zu sein.

7 Er gab alle seine Vorrechte auf
und wurde einem Sklaven gleich.
Er wurde ein Mensch in dieser Welt
und teilte das Leben der Menschen.

8 Im Gehorsam gegen Gott
erniedrigte er sich so tief,
dass er sogar den Tod auf sich nahm,
ja, den Verbrechertod am Kreuz
*.
9 Darum hat Gott ihn auch erhöht*
und ihm den Rang und Namen verliehen,
der ihn hoch über alle stellt.

10 Vor Jesus müssen alle auf die Knie fallen –
alle, die im Himmel sind,
auf der Erde und unter der Erde;

11 alle müssen feierlich bekennen:
»Jesus Christus ist der Herr!«
Und so wird Gott, der Vater, geehrt.

Bibellektüre aus Matthäusevangelium 11, 28-30


(Jesus hilft unser Joch zu tragen, darum drückt es nicht so auf unsere Schultern)
 
Ihr plagt euch mit den Geboten, die die Gesetzeslehrer euch auferlegt haben. Kommt alle zu mir; ich will euch die Last abnehmen!
29 Ich quäle euch nicht und sehe auf niemand herab. Stellt euch unter meine Leitung und lernt bei mir; dann findet euer Leben Erfüllung.
30 Was ich anordne, ist gut für euch, und was ich euch zu tragen gebe, ist keine Last.«

 

Wir sprechen oder singen:

"Im Dunkel unsrer Nacht
entzünde das Feuer,
das niemals verlöscht,
das niemals verlöscht".

Input


Wer sich bei Belastungen am Kreuz festhält, kann spüren, wie einer die Last mitträgt. Eine wunderbare Begebenheit wird dazu aus dem Leben von Don Bosco (+1888), einem italienischen Priester, Erzieher und Schriftsteller erzählt. Don Bosco kümmerte sich um die vielen verwahrlosten Jugendlichen, die es im 19. Jahrhundert in Turin und Umgebung gab. Immer wieder fehlten ihm aber die dazu notwendigen Mittel. In seiner Not bat er seine verwitwete Mutter, zu ihm zu kommen und ihm zu helfen.
 
Der Dienst an diesen Jungen war eine harte Geduldsprobe für die alte Mutter. Als die Kinder eines Tages den Gemüsegarten beim Spielen zertrampelt hatten, war es um ihre Geduld geschehen: Sie packte ihre Sachen und wollte das Haus verlassen, um in ihre Heimat  zurückzukehren. An der Haustür begegnete Don Bosco seiner reisefertigen Mutter. ER erfasste die Situation sofort, nahm die Mutter an der Hand und führte sie unter ein grosses Kreuz in seinem Haus. Da standen sie nun – Mutter und Sohn. Nach einigen Minuten des Schweigens sagte die Mutter mit dem Blick auf den Gekreuzigten: „ich hatte ihn vergessen“. Daraufhin packte sie ihre Sachen wieder aus und ging zurück an die Arbeit.
 
Wie die Mutter von Don Bosco dürfen wir auch immer wieder unseren Blick zum Kreuz heben: Dort sehen wir in Christus Gott, der mit uns durch die Dunkelheiten unseres Lebens und der momentanen Situation geht. Durch Christus wird das Leid und die Angst nicht „wegerklärt“, aber dieser Gott hält das Leid mit uns aus und reicht als „Stecken und Stab“ das Kreuz seines Sohnes als Wanderstab in unserem Leben.
 
Gott ist ein „mit-gehender“ Gott – das Kreuz ist das Zeichen seiner Solidarität mit uns. Das Kreuz verbindet Himmel und Erde – und Christus streckt darauf die Arme aus, um uns alle in seiner Geborgenheit zu umarmen.
 
Wir sind in der Passionszeit unterwegs nach Golgatha. Unterwegs zum Kreuz. Aber auch unterwegs auf Ostern zu: Wenn wir uns am Kreuz festhalten, dann leuchtet auch das Licht von Ostern in unserem Leben. Ein Licht voller Hoffnung, das jegliche Dunkelheit überwindet!

Wir sprechen oder singen:
 
«Im Dunkel unsrer Nacht
entzünde das Feuer,
das niemals verlöscht,
das niemals verlöscht."

Gebet


Gott, unser Leben und Licht,
viele Menschen haben heute Abend eine Kerze entzündet. Es ist ein Zeichen: dein Licht leuchtet in unsere Nacht. Seit Menschengedenken ist das so - auch in dieser Stunde. Wir danken dir/ich danke dir.
Stehe allen bei, deren Leben in Gefahr ist. Schütze alle, die im Gesundheitswesen arbeiten. Stärke alle, die in der Corona-Pandemie Verantwortung übernehmen und schwierige Entscheidungen treffen müssen.
 
Gott bei den Menschen,
wir teilen/ich teile das Licht mit allen, die eine Kerze ins Fenster stellen. Es ist ein Zeichen: in dir sind wir verbunden mit Christinnen und Christen und mit vielen anderen Menschen - eine weltumspannende Gemeinschaft. Wir danken/Ich danke dir.  Sei allen nahe, die isoliert und einsam sind. Schenke Gelassenheit und Geduld, wo in Beziehungen und Familien die ständige Nähe zur Belastung wird. Stärke unsere Solidarität.
 
Gott unsere Hoffnung,
wir kommen/ich komme zu dir mit Gedanken, Sorgen, Gebeten. Die Kerze ist ein Zeichen: du bist da, hier, jetzt – wie auch immer es weitergeht in dieser schwierigen Lage. Wir danken dir/ich danke dir.
Schütze uns. Sei den Sterbenden nah. Führe die Verstorbenen zu deinem wärmenden Licht.
 
Gott ist in Christus Mensch geworden,
wir halten uns fest an Deinem Kreuz.
Er ist «Stecken und Stab» in der Not. Führe uns gestärkt im Glauben und etwas weiser aus dieser Krise heraus.

 
(Sie können weitere Bitten oder die Namen von Personen ergänzen.)
 
In deinem Licht geborgen beten wir:
 
Vater unser im Himmel,
geheiligt werde dein Name.
Dein Reich komme.
Dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden.
Unser tägliches Brot gibt uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung,
sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit.
Amen.

 
 
Der Herr segne und behüte euch / uns / mich!

Unsere nächste Liturgie wird am Donnerstagabend, 26. März 2020, aufgeschaltet.